Fische in Graubünden

Texte: Chris Wittmann

Bachforelle (Salmo trutta)

Die Bachforelle ist unsere häufigste Fischart, weit verbreitet und geniesst als einheimischer Fisch höchsten Respekt. 

Unsere «einheimische» Bachforelle ist leider nicht mehr so lupenrein einheimisch wie wir es uns wünschten. Die genetische Vielfalt ist verloren gegangen und kann in ihrer ursprünglichen Art durch Menschenhand nicht mehr hergestellt werden. Sie wurde über ein Jahrhundert lang in Graubünden, in der Schweiz sowie ganz Europa genetisch total vermischt. Heute spricht man auch bei uns vom dänischen Bachforellentypus. Doch gibt es klare Hinweise dass gewissen genetische Besonderheiten an manchen Gewässern noch vorhanden sind. Beispielsweise die «weisse» Forelle vom Silsersee oder extrem schön gezeichnete Unterengadiner Fische die vermutlich auch die Genetik der Donauforelle in sich tragen. Glücklicherweise ist sie anpassungsfähig was den naturbelassenen Lebensraum betrifft. Lebensraum der Bachforelle sind alle mit  enügend Restwasser versorgten Bäche und Flüsse sowie die meisten Seen.  In Gewässern die vor allem im Winter aggressiven Sunk und Schwall durch Kraftwerkbetrieb haben, stirbt sie früher oder später aus. Dieser Fisch braucht bei Wassertemperaturen knapp über dem Gefrierpunkt ruhige Gewässerzonen für die -Winterruhe.

Seeforelle (Salmo trutta)

Die Seeforelle ist die bodenseewandernde, durch künstliche Linienzucht aus ehemaligem Naturbestand hervorgebrachte Forelle, die sich genetisch gering von der Bachforelle unterscheidet, aber im Gegensatz zur Bachforelle einen unbändigen Trieb zur Abwanderung in den Bodensee besitzt. Mit 18 bis 22 Zentimetern Länge verlassen sie das Bündner Flusssystem, um einige Jahre später als kapitale Fische ab Spätsommer bis in den November hinein zum Laichgeschäft zurück zu kehren. Ihr ehemaliges natürliches Fortpflanzungsgewässer waren diverse Bodenseezuflüsse und in Graubünden die Landquart sowie der Vorder- und Hinterrhein Dort trafen sie immer auf residente Bachforellen mit welches es zu einen genetischen Austausch kam. Residente Form triff auf Wanderform! Ein wichtiges Detail welches heute mit der künstlichen Zucht nicht und nur noch sehr eingeschränkt in freien Natur vorkommt. Heute lebt sie anstelle der heimischen Bachforelle aufgrund Besatzmassnahmen in vielen Bündner Seen. Ebenfalls wird sie im Alpen-, Vorder- und Hinterrhein besetzt.

Seit dem Bau des Wasserkraftwerkes Domat-Ems im Jahr 1959 bis 1961 ist ihr eine erfolgreiche Reproduktion verwehrt. Schon wenige Jahre nach dem Bau war der Bestand völlig zusammen gebrochen. Die Bündner Genetik war verloren. Doch immer wieder zogen einzelne Individuen aus dem Bodensee den Rhein hoch und wurden um das Jahr 1990 einem Zuchtprogramm zugeführt. Hat sich bis Ende der Fünfzigerjahre die Seeforelle beim Laichgeschäft immer wieder mit Bachforellen gekreuzt,  werden Heute gezielt aufsteigende Wanderfische gezüchtet und besetzt.

Für uns Bündner Fischer beschränkt sich der Nutzen auf einige wenige Exemplare die schon ab August hochziehen und somit während der Fischereisaison in unsere «Reichweite» gelangen. Dank intensiver Vorarbeit und Antragstellung an den Kanton (AJF) von Seiten unseres Vereins kann seit 2007 jeweils ab Februar im Alpenrhein von Domat Ems abwärts gefischt werden. So gelingt mit viel Glück der Fang dieses oft kapitalen Fisches. Zwischen 800 und 1250 Exemplare steigen alleine über die Fischtreppe Domat/Ems Reichenau auf. Hinzu kommt der Aufstieg in die Landquart.

Die Seeforelle, auch Rheinlanke genannt, hat aber auch ohne einen Nutzen für die Fischerei ihre Daseinsberechtigung. Auf Grund der Wasserkraftnutzung verschwand diese Unterart fast vollständig bis der ehemalige Fischereiaufseher Heinz Guler mit den mutmasslich «letzten» Exemplaren einen Zuchtstamm bildete und sie so vor ihrer Ausrottung bewahrte.

Mittlerweile werden diese Fische im Bündnerland in grossen Mengen besetzt und sind vom Bestand her nicht mehr bedroht. Der Wandertrieb dieser Fische wird ihnen aber zu Verhängnis. Einmal über die Fischtreppe aufgestiegen laichen sie mehr oder weniger erfolglos im Raum Tavanasa am Vorderrhein. Sind dann aber in den fast sicheren Tod geschwommen. Der Rückweg zum Bodensee endet praktisch immer in den Turbinen des Wasserkraftwerkes Reichenau

Marmorata Forelle (Salmo marmoratus)

Die Marmorata Forelle lebt auf der Alpensüdseite unseres Kantons. Sie ist eine Forelle des Einzugsgebietes der Adria. Diese Unterart ist mit unserer, auf der Alpennordseite bekannten Bachforelle (Salmo trutta fario), sehr nah verwandt. Dies ist auch der Grund wieso sie nicht parallel mit der Bachforelle langfristig und genetisch intakt überleben kann. Die meisten Marmorata Forellen die man in Südbünden, mit Ausnahmen auch auf der Nordseite fängt, sind Hybriden. Also keine lupenreine Marmoratagenetik. Durch Beimischung von Bachforellenmerkmalen oft schöner als das «Original» gezeichnet.

Äsche (Thymallus thymallus).

Die Äsche lebt heutzutage in Graubünden nur noch vereinzelt als kapitale Exemplare im Alpenrhein und Moesa, sowie in einer fragilen, mutmasslich vor vielen Jahren künstlich besetzten Population im Inn.

Gemäss Überlieferung und privaten Fangstatistiken langjähriger Fischer waren die Engadiner Inn-Äschen bis rund um das Jahr 2000, eindeutig wohlgenährter und durchschnittlich auch um einiges grösser. Höchstwahrscheinlich spielt auch hier die sehr effiziente Phosphorausfällung in den Kläranlagen und der hohe Befischungsdruck eine grosse Rolle. Während heutzutage der Grossteil der Fische mit knapp über 30 Zentimeter gefangen werden, war die zu erwartende Grösse bis zur Jahrtausendwende in der traditionellen Stecke bei Celerina bei rund 34 bis 36cm Länge.  

Seesaibling (Salvelinus umbla)

Bündner Seesaibling (Salvelinus alpinus) Einheimisch und doch nicht einheimisch?!
Seesaiblinge gab es gemäss Literatur natürlicherweise nie in Graubünden. Doch an einigen Seen nach Besatz eine Erfolgsgeschichte.

Amerikanischer Seesaibling/ Namaycush (Salvelinus namaycush)

Der Namaycush Saibling lebt aber auch in einigen Berg- und Stauseen in ganz Graubünden. Diese Fischart wurde schon im letzten Jahrhundert aufgrund ihrer ausgeprägt positiven Eigenschaften in kühlen Seen ausgesetzt. Die Bewirtschaftung des Namaycush war vor Jahrzehnten eine eigentliche Erfolgsgeschichte.

Durch ihre extreme Anpassung an eisige Wassertemperaturen wuchs der Kanadische Saibling auch in hochgelegenen Bergseen zu gut genährten Individuen ab. In kühlen Seen in denen unsere einheimischen Fische ein armseliges Leben fristeten und mit wenigen Ausnahmen Kümmerwuchs zeigten, hat der Kanadier schon zur Eisschmelze im Juni Fett eingelagert. Nach zwanzig Jahren Unterbruch werden seit einigen Jahren in einigen ausgewählten Seen wieder Jungfischchen eingesetzt. Dies unter ständiger Erfolgskontrolle des Amtes für Jagd und Fischerei. Jungfische sind anfangs schlank. Im Gegensatz zu den Forellen setzt der Kanadische Saibling erst mit über 30 Zentimeter Länge richtig Fleisch an. Geschlechtsreif und damit bereit für die Reproduktion sind sie erst ab dem 7. oder 8. Lebensjahr. In den meisten Seen Graubündens sind sie dann längst gefangen worden.

Regenbogenforelle (Oncorhynchus mykiss)

Die Regenbogenforelle ist eine sehr schnellwachsende und anpassungsfähige Fischart mit wohlschmeckendem Fleisch. Ursprünglich schon im vorletzten Jahrhundert aus Nordamerika eingeführt, ist sie für den grössten Teil der Bevölkerung längst ein einheimischer Fisch. 

Einst wurde die Regenbogenforelle infolge zweifelhafter und sehr oberflächiger, biologischer Untersuchungen vom Bundesamt für Umwelt für das Verschwinden der Bachforelle verantwortlich gemacht. Eine längst überholte und revidierte Behauptung. Als Folge davon gilt es immer noch ein Besatzverbot für freifliessende Gewässer in der Schweiz. In einzelnen Fällen wurden Fische dieser Art sogar aktiv entfernt. Nun erhalten diese schönen und schnellwüchsigen Fische die Fischerei im Alpenrhein am Leben.

Hecht (Esox lucius)

In Graubünden seit der Rheinkorrektur anfangs des 20. Jahrhunderts kein natürliches Vorkommen. An wenigen Seen gibt es durch illegalen Besatz oder Wasservögel welche die klebrigen Eier verfrachten, einen kleinen Bestand.  Das territoriale Verhalten des Hechtes verhindert an den nahrungsarmen Gewässern eine gute und nachhaltige Fischerei bei Entnahme von plus 50cm Fischen. Der Hecht besetzt ein Revier, welches er gegen Artgenossen verteidigt. Daher kann es nie viele Grossfische geben!

Der Hecht spielt bei der Bündner Fischerei eine untergeordnete Rolle. Dennoch gibt es einige Seen mit einem schwachen oder mittleren Bestand dieses attraktiven Fisches. Der grosse Nachteil bei dieser Fischart ist, dass die Fischerei, in Kleinseen wie jene in Graubünden, schon mit wenige Fängen/Entnahmen zum Erliegen kommen kann.

Nase (Chondrostoma nasus)

In Graubünden Alpenrhein ausgestorben. Letzter gesichertes Vorkommen 1978 Friewis Untervaz

Strömer (Leuciscus souffia)

Der Strömer ist ein rares Juwel aus längst vergangener Zeit im Alpenrhein

Einst häufiger Fisch im Bündner Rhein. Heute nur noch Restbestände und durch die Wasserkraftnutzung hoch bedroht. Der einst sehr häufige Fisch verschwand parallel zur Nase fast vollkommen von der Bildfläche. Doch im Gegensatz zu der im Alpenrhein ausgestorbenen Nase, konnte sich diese Fischart in Restbeständen halten. Während des verheerenden Jahrhunderthochwassers im Jahr 1987 gelangten einige in einen Baggersee bei Trimmis wo sie sich prächtig zu einem guten Bestand entwickelten. Dies war bis vor wenigen Jahren die einzige Möglichkeit diese Fischart beobachten zu können. Seit einigen Jahren scheint es sogar, als erhole sich der Bestand auch im Rhein etwas. Die extrem empfindlichen Brutfischchen brauchen Habitate die es eigentlich hier nicht mehr gibt. Einzig im Laichschutzgebiet Friewis, welches vom Fischereiverein Chur initiiert wurde, sowie im nahen, untersten Teil des Cosenzbach kann man im Mai / Juni mit viel Geduld und Sperberaugen Brutfischchen ausmachen. Die frisch geschlüpften Fischchen sind extrem klein und empfindlich sind wie jene der Äschen.

Bartgrundel (Neomacheilus barbatulus)

Im Alpenrheingebiet lebt sie nur noch in einem äussers fragilen Restbestand im Cosenzbach bei Untervaz. Bis circa 1990 war sie im Badeweiher Zizers nachweisbar aber seither verschollen. Möglich dass sie an weiteren Standorten in Restbeständen bis Heute überlebt hat.

Groppe (Cottus gobio)

Ein verletzlicher Bestand, aber abschnittsweise recht häufig im Alpenrhein und weiteren Flüssen sowie einzelnen Seen. Die Groppe ist eine wichtige Nahrungsquelle der Forellen.